Beim ersten Wandermarathon auf dem Eppinger-Linien-Weg war ich mit am Start, und begeistert von der sanften Hügellandschaft von Kraichgau-Stromberg.
Früh geht es los an diesem nur leicht bewölkten Junimorgen. Zwischen 5:30 und 6:30 Uhr ist der Start für den Wandermarathon durch die sanften Hügellandschaften von Kraichgau-Stromberg angesetzt. Auf dem neu prämierten Wanderweg „Eppinger-Linien-Weg“ geht es von Mühlacker nach Eppingen. Am Start treffe ich meinen Blogger-Freund Jan vom Blog „Deutschlandjäger“, der sich noch kurzfristig entschlossen hat mitzuwandern. Es ist schön, diese Strecke nicht alleine zu gehen. Eine Strecke, auf der man ein bewegtes und auch grausames Kapitel an Geschichte abwandert.
Die Organisatoren des Wandermarathons haben schon für den Start an alles gedacht. Ich stärke mich für die ersten Kilometer gleich mal mit Kaffee und belegten Brötchen. Dann geht’s los. Kurz vor halb sieben machen sich Jan und ich auf den Weg. Es ist ein herrlich milder Morgen. Die Sonne steht noch nicht allzu lange am Himmel und taucht Weizenfelder, Wiesen und Wälder in ein zartes, warmes Licht. Ich zücke begeistert meine Kamera und mache die ersten Bilder. Irgendwie bin ich aufgeregt, denn der Kraichgau, den wir später ein Stück durchwandern werden, ist meine Heimat. Hier, nördlich des Ziels in Eppingen, zwischen Sinsheim und Heidelberg, wuchs ich in einem knapp 2.000 Einwohner zählenden Dorf auf. Ich kenne die also Gegend ein wenig, war nur ewig nicht mehr dort. Ein Fußmarsch zu meinen Wurzeln.
Kurz nach dem Start treffen wir auf Julia und Veronika aus der Nähe von Stuttgart. Sie machen fleißig Selfies und sind die Strecke fürs Training ein paar Wochen zuvor schon mal abgelaufen. An einer Wegkreuzung beschließen wir gemeinsam zu wandern. Unterwegs offenbart sich uns die Schönheit der Landschaft. „Land der 1.000 Hügel“ wird sie auch genannt. Begrenzt vom Schwarzwald im Süden und dem Odenwald im Norden.
Nicht nur Wanderer finden hier viele gute Aussichten. Auch für Weinliebhaber hat diese Region einiges zu bieten, wovon wir uns an einer Verpflegungsstation selbst überzeugen können. Wir wandern, wo der Wein wächst. Auf der Gemarkung des Weinortes Kürnbach haben die Organisatoren einen Stopp mit einigen „Umdrehungen“ eingerichtet. Wir kosten Proben von Rosé und Weißwein, während wir auf die von der Sonne beschienenen Weinberge schauen. Hier wächst hauptsächlich Schwarzriesling. Oder war es ausschließlich? Ich weiß es nicht mehr so genau. Jedenfalls nennt sich Kürnbach bezeichnenderweise selbst auch „Das Schwarzrieslingdorf“.
Während ich für diesen Blog-Artikel recherchiere, stoße ich auf ein Zitat des ersten deutschen Bundespräsidenten Theodor Heuss, der aus Brackenheim im Osten dieser Region stammt. Bekanntlich war er dem Wein sehr zugetan und tat das hin und wieder auch in witzigen Sprüchen kund. „Wein saufen ist Sünde. Wein trinken ist beten. Lasset uns beten!“, ist zum Beispiel so einer. Unsere kleine Weinprobe war im Heuss’schen Sinne also nichts Anderes als ein Stoßgebet.
Weite Getreidefelder wechseln sich ab mit saftig grünen Wiesen und riesigen bunten Blumenteppichen. Wann kommt man als Städter schon mal in den Genuss, ein komplettes Feld mit Klatschmohn und Margeriten zu sehen. Uns war es an diesem Morgen glücklicherweise vergönnt.
Wer auf dem Eppinger-Linien-Weg wandert, kommt am Kloster Maulbronn nicht vorbei. Selbst wenn man es wollte, ist das nicht möglich, denn der Wanderweg führt genau mitten durch, über den großen zentralen Platz des Klostergeländes. Seit 1993 ist der Bau ein offizielles Weltkulturerbe der UNESCO. Ein guter Platz, um kurz Rast zu machen. Als wir ankommen, ist gerade Klosterfest. Es findet jedes Jahr statt und verwandelt die gesamte Klosteranlage in ein mittelalterliches Spektakel. Zwar sind die Buden um diese Zeit noch leer, aber wir können trotzdem erahnen, dass hier nur ein paar Stunden später die klösterliche Post abgehen wird.
Gegen Mittag wird es richtig warm. Die Sonne brennt, und es tut gut, immer wieder ein Stück im Wald zu laufen. Überhaupt ist die Tour auf dem Eppinger-Linien-Weg reich an Abwechslung. Mal wandern wir durch weiter Felder, mal am Waldrand im wohltuenden Schatten, dann wieder auf verschlungenen Pfaden durch die Wälder hindurch.
Rund 500 Höhenmeter im Auf- und Abstieg haben Wanderer auf dem Eppinger-Linien-Weg zu bewältigen. Das verteilt sich also gut auf 42 Kilometern und ist für trainierte und konditionell starke Wanderer gut zu schaffen. Immer wieder genießen wir tolle und weite Ausblicke über die Hügel von Kraichgau-Stromberg. Wanderer sollten an geeigneter Stelle unbedingt aus dem Wald heraustreten und den Blick über die sanften Höhenzüge schweifen lassen. Tut den Augen und der Seele gut.
Rund zehn Kilometer vor dem Zieleinlauf laufen wir eine längere Strecke durch Wald. Da ertönt plötzlich ein lautes Trompetensignal. Sind hier Jäger am Werk? Müssen wir uns vor Schüssen aus der Flinte verstecken? Entwarnung. Auch für die letzten Kilometer haben sich die Organisatoren des Wandermarathons etwas Kreatives einfallen lassen. Ein eigens für das Wander-Event erstellter Schlagbaum mitsamt Wachhäuschen sagt uns unmissverständlich: Halt! Hier geht’s über die Grenze. Und zwar von Württemberg nach Baden. Tatsächlich befand sich jene genau an dieser Stelle. Und weil wir so brave Wanderer sind, dürfen wir sie natürlich passieren und erhalten dafür auch einen Passierschein.
Gegen 18:30 Uhr ist es geschafft. Das Kraichgau-Stadion in Eppingen. Wir sind am Ziel. Julia und Veronika mobilisieren noch einmal ihre letzten Reserven und sprinten über die Ziellinie. Nun sind wir alle vier offizielle „Hügelstürmer“. Es war ein wirklich toller Tag!