Eine komplett recycelte und klimaneutrale Membran? Sympatex Technologies tut Einiges in Sachen Nachhaltigkeit und CO2-Vermeidung in der Produktion. Darüber habe ich mich mit dem Geschäftsführer, Rüdiger Fox, unterhalten.
Herr Dr. Fox, gerade bei Outdoor-Bekleidung gibt es unzählige Systeme, wie etwa Membranen, die Bergsportler warm und trocken halten sollen. Sie haben eine Membran entwickelt, die recycelbar ist. Heißt das, aus einer Membran wird wieder eine neue Membran?
So ist es. Die Sympatex-Membran ist PTFE-frei und PFC-frei. Sie besteht aus gesundheitlich unbedenklichem Polyether/ester und kann daher nach gängigen Verfahren – analog zu PET-Flaschen – auch recycelt werden. Wir haben bereits in den 1990er Jahren damit begonnen, im Produktionsprozess anfallende Ausschuss-Membranteile wiederzuverwerten, die in der Vergangenheit entsorgt werden mussten. Der Materialeinsatz wird seither bei jeder Membran-Produktion um bis zu 15 Prozent reduziert.
Durch jahrelange Entwicklungsarbeit konnten wir zudem erstmals eine 100 Prozent recycelte Membran vorstellen. Bisher ungenutzter Membran-Ausschuss wird dabei vollständig wiederaufbereitet. Dadurch können die Produkteigenschaften unserer hochfunktionellen Membran ohne spürbaren Qualitätsverlust gewährleistet werden.
Was passiert bei diesem Recyclingprozess?
Nach der qualitativen Wiederaufbereitung wird aus dem recycelten Material wieder eine neue, 100-prozentige recycelte Membran. Laminiert man diese anschließend mit einem 100 Prozent recycelten PES-Futter- oder Oberstoff, entsteht ein vollständig recyceltes, sortenreines Sympatex-PES-Laminat.
Ein Kernpunkt der Sympatex Agenda 2020 ist, bis 2020 komplett schadstofffreie und recycelte Produkte anzubieten. Was sind weitere wichtige Eckpfeiler dieser Agenda?
Ein weiterer wichtiger Eckpfeiler unserer Nachhaltigkeitsstrategie ist die Reduzierung sowie Vermeidung von CO2-Emissionen. Die Produktion eines Sympatex-Copolymers erzeugt zwar im Vergleich zu einem PTFE-Polymer ohnehin bereits 50 Mal weniger CO2. Um jeglichen Beitrag zur globalen Erwärmung zu eliminieren, haben wir uns entschlossen, die gesamte Jahresproduktion der Sympatex-Membran für das Jahr 2017 vollständig zu kompensieren. Wir sind somit die ersten, die eine klimaneutrale Membran auf den Markt gebracht haben.
In Zusammenarbeit mit der Beratungsfirma ClimatePartner haben wir hierfür ein Klimaschutzzertifikat erworben, über das nicht nur lebenswichtiger Wald in Kenia bewahrt wird, sondern das zusätzlich einen gesellschaftlichen Beitrag leistet, indem es nachhaltige Textilproduktion im Land fördert.
Darüber hinaus unterstützen wir unsere Kunden darin, deren Umweltauswirkungen auf ein unvermeidbares Minimum zu reduzieren. Zur ISPO 2017 haben wir erstmals den so genannten „Öko-Kalkulator“ vorgestellt. Mit dessen Hilfe kann der ökologische Fußabdruck jedes einzelnen Laufmeters sämtlicher Laminate unseres Portfolios bemessen werden. Die unvermeidbaren CO2-Emissionen können Sympatex-Kunden ab sofort über die Unterstützung von Klimaschutzprojekten kompensieren und erhalten dafür ein Zertifikat, das per QR-Code auf das Label des Fertigprodukts angebracht werden kann. Wir betrachten dabei die gesamte Prozesskette – von der Rohstoffgewinnung bis zur Anlieferung bei unseren Kunden („cradle to customer gate“). Somit ist die Nachvollziehbarkeit für den Verbraucher gegeben und das verbrauchte CO2 neutralisiert. Eine Win-Win-Situation für das Unternehmen und den Endverbraucher.
Im Moment arbeiten wir schon am nächsten Schritt in Sachen Recycling: Es geht um Textilien, die erstmals aus einem geschlossenen Upcycling-Kreislauf entstammen, das heißt werterhaltend wiederverwertet werden. Dafür werden wir Abfalltextilien, insbesondere aus dem Funktionstextilbereich unterschiedlicher Herkunft verarbeiten.
Wie entkräften Sie das Argument vieler Bergsportler, ökologisch und nachhaltig produzierte Outdoor-Bekleidung sei im Vergleich zu konventionell hergestellter zu teuer?
Aus unserer Sicht (und Erfahrung) fallen die einzigen Mehrkosten für eine ökologische beziehungsweise schadstoffarme Produktion bislang für den Überwachungsaufwand an, den es braucht, um solche Prozesse sicherzustellen. Wenn einmal branchenweit umgestellt ist, entstehen keine Mehrkosten. Im Gegenteil: Eine systematische Wiederverwendung senkt bei gleichem Volumen die Materialkosten.
Ihre Bemühungen um Nachhaltigkeit verfolgen Sie mittels einer Open-Source-Strategie, das heißt, Sie wollen Ihre Erkenntnisse aus diesem Prozess auch anderen Herstellern zur Verfügung stellen. Wie schätzen Sie die Erfolgsaussichten dafür ein?
Wenn wir die ökologischen Herausforderungen, für die unsere Industrie verantwortlich ist, in einer akzeptablen Zeitschiene lösen wollen, übersteigen diese selbst die Fähigkeiten der größten Anbieter in der Branche. Daher besteht die Notwendigkeit für einen Schulterschluss – und dazu wollen wir die Hand reichen. Die ersten, die sich hier bewegen, wird der Markt als Game-Changer respektieren. Deshalb gehen wir davon aus, dass unsere Hand auch recht bald ergriffen wird. Darauf deuten schon jetzt einige vielversprechende Gespräche hin.
Ihr Nachhaltigkeitsgrundsatz lautet: Vermeiden, vermindern, verwerten. Bitte füllen Sie diese Begriffe mit Inhalten.
Vermeiden heißt: Die Produktion eines Sympatex-Copolymers erzeugt im Vergleich zu einem PTFE-Polymer ohnehin bereits 50 Mal weniger CO2. Vergleicht man die Herstellung von 1 Kilogramm recycelten Polyester-Fasern mit 1 Kilogramm erdölbasierten Polyester-Fasern, ist die Ökobilanz hervorragend: 32 Prozent weniger CO2, 60 Prozent Energieeinsparung und 94 Prozent weniger Wasserverbrauch. Hier werden anstelle von 60 Litern nur etwa 3 Liter der knappen Ressource verbraucht.
Vermindern bedeutet: Kompensation von erzeugtem CO2 bei der Produktion von Membran und Laminaten. Zum Stichwort „verwerten“ habe ich mich bereits weiter oben bei unseren Upcyling-Plänen geäußert.
Wenn ich als verantwortungsbewusster Käufer ökologisch und nachhaltig produzierte Outdoor-Bekleidung kaufen will, weiß ich oft nicht, wie ich diese finde und worauf ich achten soll. Welche Tipps haben Sie für den Kauf solcher Ware?
Nun, die mangelnde Transparenz und auch die zum Teil lückenhafte Kompetenz im Handel in Bezug auf das ökologische „Preisschild“ ist sicher noch so lange eine Herausforderung, bis hier eine ähnliche Informationspflicht wie bei Elektrogeräten geschaffen wird. Hier hilft eigentlich nur eine direkte Anfrage bei der Lieblingsmarke. Dadurch wird auch der Druck auf den Markt verstärkt, zügig einen glaubwürdigen Standard zu etablieren. Eine erste Indikation geben auch Labels, sofern sie auf der Ware ausgewiesen sind.