Eingetretene Pfade verlassen. Auf dem Abenteuer Albtal Track im Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord ist das Programm. Wer durch urwüchsigen Bannwald wandern und dazu noch sportlich unterwegs sein will, ist hier genau richtig.
Abenteuer. Das Online-Lexikon Wikipedia definiert diesen Begriff so: „Als Abenteuer wird eine risikoreiche Unternehmung oder auch ein Erlebnis bezeichnet, das sich stark vom Alltag unterscheidet. Es geht um das Verlassen des gewohnten Umfelds und des sozialen Netzwerks, um etwas Waghalsiges zu unternehmen, das interessant, faszinierend oder auch gefährlich zu sein verspricht und bei dem der Ausgang ungewiss ist.“ Soweit so gut. Wegen des Abenteuers bin ich ja schließlich angereist zur ersten Etappe auf dem Albtal Abenteuer Track.
Was versprach ich mir also, als ich mich an einem spätsommerlichen Sonntagmorgen auf den Weg ins Nordschwarzwald-Städtchen Bad Herrenalb machte? Ein Erlebnis, das sich stark vom Alltag unterscheidet? Stimmt. Ein Verlassen meines gewohnten Umfelds und sozialen Netzwerks? Stimmt auch. Ein waghalsiges Erlebnis? Nun ja, nicht unbedingt. Wer den Nordschwarzwald kennt, dem kommen die Attribute „sehr risikoreich“ oder „gefährlich“ wohl eher weniger in den Sinn. Ich habe da eher einen alpinen Steig im Kopf, auf dem man die Hände zum Klettern braucht und es links und rechts mehrere Hundert Meter in die Tiefe geht. Zum Beispiel. Was risikoreich und gefährlich ist, definiert natürlich jede und jeder für sich selbst.
Der Albtal Abenteuer Track startet direkt am Bahnhof in Bad Herrenalb
Wer so wie ich mit der S-Bahn anreist, entsteigt dieser am Bahnhof in Bad Herrenalb, läuft einmal kurz ums Bahnhofsgebäude herum und befindet sich sogleich am Startpunkt in der Bahnhofstraße. Von Blogger-Freundin Daniela (Die WanderReporterin), die bei der Einweihung des Tracks dabei war, weiß ich, dass der Weg ein eigenes Logo hat, an dem ich mich auf meiner Tour orientieren kann. Es soll nicht immer leicht zu finden sein. Beim Start entdecke ich zwischen allerlei Wegweisern ein mir bis dato unbekanntes Zeichen. Drei längliche Dreiecke nebeneinander, das mittlere größer als seine Nachbarn. Sie sollen wohl Tannenbäume darstellen. Das muss es sein.
Ein Abenteuer-Gefühl will sich zu Beginn der Tour nicht so recht einstellen. Das liegt daran, dass der Weg zunächst ein Stück durch Bad Herrenalb führt, also über Beton. Oberhalb des Städtchens geht es dann aber ab in den Wald, den ich bis zum Ende der Tour auch nicht mehr verlassen werde. Noch wechseln sich Forststraßen und breitere Waldpfade ab, doch nach rund zwei bis drei Kilometern weiß ich, warum die Macher des Wegs das Wörtchen „Abenteuer“ gewählt haben. Meine Offline-Karte zeigt mir, dass der Weg irgendwo da vorne rechts abzweigen muss. Weg von der Forststraße, mitten hinein in einen Steilhang, und mitten hinein in einen Bannwald. Das Abenteuer beginnt.
Wenn ich länger durch die Natur wandere, sind Bannwälder so ziemlich das Aufregendste und Spannendste, das mir passieren kann. Hier sehe ich Pflanzen, die ich zuvor noch nie gesehen habe. Hier kann ich mir vorstellen, wie der Wald vor Hunderten von Jahren aussah, als der Mensch noch nicht an moderne Forstwirtschaft mit tristen Fichten-Monokulturen dachte. Hier bleiben umgefallene Bäume einfach liegen und bieten wiederum einen eigenen Lebensraum. Hier regiert die Natur, keine Motorsägen und tonnenschwere Waldfahrzeuge.
Schon beim Einstieg in den Steilhang bekomme ich einen ersten Eindruck davon, was mich auf den nächsten rund 20 Kilometern immer mal wieder erwartet. Es geht querfeldein durch Dickicht, über umgestürzte Bäume und durch von Felsen durchsetztes Gelände. Ich muss aufpassen, denn zwischen den Steinen gibt es oft tiefere Löcher, in die ich leicht hineintreten kann.
An jedem Abzweig achte ich zuerst auf das Logo des Albtal Abenteuer Track. Wo kann es sich versteckt haben? An einem Baum vielleicht? Auf einem Felsen? Manchmal hat jemand Steinmännchen aufgestellt, um die Orientierung zu erleichtern, denn das Logo ist nicht immer gleich erkennbar oder an einigen Stellen auch schon reichlich verblasst. So ist die Gefahr, einmal falsch abzubiegen, oder dort, wo man hätte abbiegen sollen, geradeaus weiterzugehen, nicht grundsätzlich von der Hand zu weisen.
Prompt passiert es. Nach ein paar Hundert Metern treffe ich auf einen geteerten Waldweg. Meiner Karte im Smartphone nach soll es erst kurz links, dann halb rechts in den Wald gehen. Fehlanzeige. Ich laufe ein Stück den Weg entlang, stelle aber bald fest, dass das nicht die richtige Stelle sein kann. Weiter oben an einem großen Baum hatte ich etwas Weißes entdeckt, es aber nicht gleich als das eigentliche Logo des Albtal Abenteuer Track ausgemacht. So verliere ich rund eine Viertel Stunde. Aber was heißt schon „verlieren“! In diesem tollen Wald will eher von „gewinnen“ sprechen.
Ein kurzes Stück auf dem Albtal Abenteuer Track ist seilversichert
In der Beschreibung des Albtal Abenteuer Track heißt es, der steilste Teil der Stecke sei mit Tauen versichert. Ich bin gespannt, was mich dort erwartet, wie das Gelände beschaffen sein wird. Zuvor aber geht es erst einmal eine Weile bergab, über einen kleinen Bach und dann auf der anderen Seite sofort wieder bergauf. Wieder befinde ich mich auf Trails abseits irgendwelcher Forststraßen. Selbst hier, mitten im Wald, ist es einigermaßen schwül. Schon seit Stunden rinnt mir der Schweiß fleißig aus den Poren.
Ich quere ein kleines Stück asphaltierte Straße und stoße auf die markanteste Stelle der Tour. Wieder einmal geht es direkt vom Forstweg quer den Waldhang hinauf. Dieses Mal über Felsen, weshalb hier Taue angebracht sind, an denen man sich hochziehen oder zumindest festhalten kann. Wer Erfahrung im Felsgehen hat, für den stellt dieses Teilstück keine besondere Herausforderung dar. Man kann, muss sich aber nicht an den Tauen festhalten. Wer weniger trainiert ist, für den sind sie eine willkommene Unterstützung.
Nach der Passage mit den Tauen geht es weiter steil bergan in dichtem Fichtenwald. Zehn Minuten später stehe ich auf dem Schweizerkopf und genieße die fantastische Aussicht über den Nordschwarzwald Richtung Rheinebene. Unter mir Bad Herrenalb. Ein paar andere Wanderer haben es sich am Aussichtspunkt mit Holzliegen bereits gemütlich gemacht. Die Sonne scheint. Ich öffne meinen Rucksack, um meinen Proviant für heute zu verspeisen.
Es geht weiter ein längeres Stück auf dem Fernwanderweg Westweg, der sich von Pforzheim bis Basel durch den kompletten Schwarzwald schlängelt. Nach ein paar Kilometern erreiche ich die Hahnenfalzhütte. Ein wunderbares Refugium, wo ich mir ein alkoholfreies Weißbier gönne und meine Trinkflasche mit frischem Quellwasser auffülle. Direkt hinter der Hütte entdecke ich das Logo des Albtal Abenteuer Track an einem Baum. Kurz danach geht es auf einem Trail rechts hinunter in den Wald in Richtung des Albursprungs. Das kleine Flüsschen Alb entspringt hier einer plätschernden Quelle, die man vom Weg aus hören kann.
Im letzten Drittel der Tour wird es noch einmal sportlich, und ich bin froh, meine Trinkflasche aufgefüllt zu haben. Hinauf zur Teufelsmühle, einem 908 Meter hohen Berg zwischen den Schwarzwaldtälern Murgtal und Albtal. Auch hier wartet noch einmal eine fantastische Aussicht über das vordere Murgtal bis hinüber zur Rheinebene. Dann geht es hinunter in Richtung Bad Herrenalb, immer an der Alb entlang, die sich nun langsam von einem kleinen Bach in einen Fluss verwandelt. Zurück am Bahnhof. Die kleine wanderwütige Auszeit am Sonntag ist zu Ende. Ich steige in die S-Bahn nach Karlsruhe und bin ein Mal mehr dankbar, solch großartige Natur direkt vor meiner Haustüre zu haben.